Klassik in Handschuhsheim: Mahler Klavierquartett und Schuberts Forellenquintett
Schuberts Forellenquintett verortet man eigentlich im Frühling, was bei der Konzertreihe „Klassik in Handschuhsheim“ auch ursprünglich so geplant war. Coronabedingt wurde dieses Konzert nun in den Herbst verschoben und in die Friedenskirche verlegt. Ein durchaus neues Ambiente für op. 114 A‑Dur. Gut gepasst hat hier das vorangestellte Klavierquartett a‑moll von Mahler: eine wahre Rarität. Ist es doch sein einzig überliefertes Kammermusikwerk.
Schon in den eröffnenden Klavier-Tiefen (Leonie Leitz) ist Mahler nicht zu überhören: Eine malerische Kulisse voller dunkler Geheimnisse und sich andeutender Dramatik. In bewundernswerter Homogenität setzten Geige (Aleksandra Manic), Bratsche (Christina Strimbeanu) und Cello (Kevin José Guerra) diese Klangwelt fort: flächig und vereinnahmend, gefühlt ohne Anfang und Ende. Die Kirchenakustik verstärkte das noch, sodass man bei geschlossenen Augen beinahe den Eindruck haben könnte, ein ganzes Streichorchester vor sich zu haben. Diese leidgetränkte Melancholie und Schwermütigkeit wussten die vier mit ausgereiftem Klanggespür und einfühlsamen Phrasierungen wiederzugeben, womit sie die Fragilität ebenso authentisch einfingen wie aufwühlende Gefühlsausbrüche. Warum findet man dieses faszinierende Werk sonst nie in Konzertprogrammen?
Etwas von Mahler nahmen sie zusammen mit dem Kontrabass (Jens Veeser) sogar für Schubert mit, den man sonst vielleicht etwas frecher und unbeschwerter kennt. Mit Emotionalität und Dramatik hat man nämlich auch hier nicht gegeizt. Besonders zu Herzen gingen bei dieser Spielmanier die wehmütigen Melodien des Andantes, für das die Bögen mit viel Empathie und Hingabe über die Saiten glitten. Stichelnder und zugespitzter agierte man im Scherzo, bevor im 4. Satz endlich das beliebte Schubert-Lied erklang. Geige und Co boten diese Melodie äußerst besonnen und zartbesaitet dar, sodass sie bei nicht übermäßigem Tempo maximal zur Geltung kam, wenn sie durch die einzelnen Stimmen wanderte und ihre Variationen durchlief. Zusammengefasst bekamen die Frühlingsgefühle dieses Quintetts passend einen herbstlichen Beigeschmack. Ein heiter wie entschlossener Schlusssatz beschloss diesen wunderbaren Abend mit seinem reizvollen Nebeneinander von Mahler und Schubert.
Von Simon Scherer